Ilan Pappé: Der giftige Kelch der Anerkennung - Ein zweischneidiges Schwert für Palästina

Ilan Pappe 2023Ilan Pappe 2023Ilan Pappé*, palestinechronicle.com, 23.09.25, übersetzt von PAKO, Auszug, ganzer Text hier.

In der Vergangenheit stand ich der Anerkennung Palästinas recht skeptisch gegenüber,da es den Anschein hatte, dass diejenigen, die sich an der Diskussion beteiligten, nur Teile der Westbank und des Gazastreifens als Staat Palästina bezeichneten und eine autonome Herrschaft durch eine Institution wie die Palästinensische Autonomiebehörde ohne echte Souveränität meinten: ein Bantustan-Palästina. Eine solche Anerkennung hätte den falschen Eindruck erwecken können, dass der sogenannte Konflikt in Palästina erfolgreich gelöst worden sei.

Viele der Regierungschefs und ihre Außenministerien, die sich heute zur Anerkennung äußern, beziehen sich immer noch auf diese Art von Palästina. Sollten wir diese Entwicklung also jetzt mehr unterstützen? Ich würde vorschlagen, dass man in diesem besonderen historischen Moment, in dem der Völkermord weitergeht, differenzierter vorgehen sollte. Die Anerkennung hat symbolische Bedeutung als Gegenbewegung zur gegenwärtigen Strategie des Staates Israel, Palästina als Volk, als Nation, als Land mit seiner Geschichte auszulöschen. Auf einer sehr unbefriedigenden, aber notwendigen minimalen Ebene verhindert sie, dass Palästina aus dem globalen und regionalen Diskurs verschwindet. Es ist nicht verwunderlich, dass niemand in Gaza Hoffnung, Inspiration oder Zufriedenheit aus dieser Erklärung schöpfte. Nur in Ramallah und in einigen Teilen der Solidaritätsbewegung wurde sie als großer Erfolg gefeiert. Die Regierungen, die Palästina anerkannt haben, verbinden dies direkt mit der überholten und längst gescheiterten Zwei-Staaten-Lösung – einer Formel, die nicht praktikabel und unmoralisch ist sowie von Anfang an auf Ungerechtigkeit beruhte, als sie als „Lösung“ konzipiert wurde.

Und doch gibt es potenzielle und positivere Dynamiken, die durch die derzeitige weltweite Anerkennung Palästinas ausgelöst werden könnten. Auch wenn wir dies nicht als „historischen Moment“ oder „Wendepunkt“ betrachten sollten, hat es doch das Potenzial, den Palästinensern zu helfen, uns in eine andere Zukunft zu führen. Sie hat symbolische Bedeutung als Gegenbewegung zur gegenwärtigen Strategie des Staates Israel, Palästina als Volk, als Nation, als Land mit seiner Geschichte auszulöschen. Jede Art von Bezugnahme – selbst symbolischer Natur – auf Palästina als derzeit existierende Einheit ist ein Gewinn.... weiterlesen ... LINK

Ilan Pappé ist Professor an der Universität Exeter. Zuvor war er Professor für Politikwissenschaft an der Universität Haifa. Er ist Autor der Bücher „The Ethnic Cleansing of Palestine“, „The Modern Middle East“, „A History of Modern Palestine: One Land, Two Peoples“ und „Ten Myths about Israel“. Zusammen mit Ramzy Baroud ist er Mitherausgeber von „Our Vision for Liberation“ (Unsere Vision für die Befreiung). Pappé gilt als einer der „neuen israelischen Historiker“, die seit der Veröffentlichung wichtiger britischer und israelischer Regierungsdokumente Anfang der 1980er Jahre die Geschichte der Gründung des Staates Israel im Jahr 1948 neu geschrieben haben. Er hat diesen Artikel für The Palestine Chronicle verfasst.

Quelle: https://www.palestinechronicle.com/the-poisonous-chalice-of-recognition-a-double-edged-sword-for-palestine/
Übersetzung: Pako – palaestinakomitee-stuttgart.de